Modul 1: Einführung in die Wildkräuterkunde
Wie werde ich kräuterkundig?
Wie lerne ich die Wildkräuter in der Natur kennen? Wie merke ich mir das gelernte und erfahrene Pflanzenwissen am besten?
Um Kräuter leicht wiederzuerkennen, sollten Sie all Ihre fünf Sinne gebrauchen: Sehen, fühlen, riechen, schmecken und hören. Jeder Mensch hat einen anderen Zugang zum Lernen über die verschiedenen Sinne.
Welcher Lerntyp sind Sie?
Für mich persönlich ist es wichtig, eine Pflanze zu „erschmecken“. Wenn ich mir sicher bin, dass meine neu erkundete Pflanze nicht giftig ist, nasche ich davon.
Ich liebe es Wildkräuter frisch zu essen und meist erkenne ich so die Pflanze durch den abgespeicherten einzigartigen Geschmack beim nächsten Spaziergang leicht wieder. Natürlich beziehe ich auch das Aussehen und die anderen Sinne mit ein. Aber der Geschmack ist bei mir sehr wichtig.
Sehen
Wie sieht die Pflanze aus, welche Farbe hat die Blüte?
Ist das Blatt rund, oval, eingekerbt …
Ist die Pflanze groß oder eher kleinwüchsig, kriechend am Boden?
Wo wächst sie: In einem Trockengebiet, eher sumpfig …?
Das menschliche Auge ist ein Wunderwerk der Natur: Der Sehsinn liefert uns rund
80 Prozent aller Informationen aus unserer Umwelt, die im Gehirn verarbeitet werden. Wir können etwa 150 Farbtöne aus dem Spektrum des sichtbaren Lichtes unterscheiden und zu einer halben Million Farbempfindungen kombinieren.
Fühlen
Fühlt sich der Stängel, das Blatt glatt, behaart, weich, rauh, flauschig oder stachelig an? Ist das Blatt kühl oder eher warm …?
Der Tastsinn kann mehr als Dinge fühlen, die wir anfassen.
Eine Berührung ist für uns Menschen sehr wichtig. Das zugehörige Organ ist die Haut. Die Haut ist unser größtes Organ. In ihr befinden sich 300 bis 600 Millionen Tastsinnrezeptoren. Sie wandeln Berührungsreize in elektrische Impulse um und leiten sie mit einer Geschwindigkeit von 50 bis 80 Metern pro Sekunde zum Gehirn.
Riechen
Entströmt dem Kraut ein sanfter, betörender, süßlicher oder muffiger Geruch …?
Wird der Duft beim Zerreiben (die Zellen werden aufgebrochen) intensiver …?
Unsere Nase sorgt für den ersten Eindruck.
Unser Geruchssinn ist der unmittelbarste der menschlichen Sinne. Düfte wirken direkt auf das limbische System im Gehirn, wo Emotionen verarbeitet werden.
Ein gesunder Mensch kann mehr als 10.000 verschiedene Duftnoten unterscheiden.
Schmecken
Schmeckt die Pflanze bitter, süßlich, herb, scharf, zusammenziehend …?
Enthält die Pflanze viel Wasser, fühlt es sich im Mund eher trocken an oder sogar schleimig …?
Die sogenannten Unkräuter bieten eine enorme Vielfältigkeit an Geschmacksnuancen, die es zu erkunden gibt.
Ein erwachsener Mensch verfügt etwa über 2000 bis 5000 Geschmacksknospen auf der Zunge. Wir können fünf Geschmacksrichtungen wahrnehmen: Süß, sauer, salzig, bitter – und umami, den sogenannten Fleischgeschmack, der proteinhaltige Lebensmittel kennzeichnet.
Hören
Manche Samen klappern, wenn sie sich noch am Kraut befinden.
Manche Blätter wiegen sich im Wind und verursachen ein leises Geräusch. Dies ist bei Bäumen gut wahr zu nehmen.
Unser Ohr ist 24 Stunden am Tag im Einsatz, ständig auf Empfang. Unsere Ohren versorgen unser Gehirn mit lebenswichtigen Informationen aus der Umwelt.
Ich persönlich glaube, das Wichtigste nach einer gelesenen Online-Lektion ist:
Nix wie raus in die Natur!!!
Sage es mir, und ich werde es vergessen. Zeige es mir, und ich werde es vielleicht behalten. Lass es mich tun, und ich werde es können.
Konfuzius
Es ist nicht genug zu wissen; man muss auch anwenden. Es ist nicht genug zu wollen; man muss auch tun!
Johann Wolfgang von Goethe
Meine Impulse für Sie:
- Kräuterkundig werden kommt mit der Zeit.
- Man braucht Muße – Seien Sie geduldig mit sich.
- Gehen Sie mit offenen Augen und Ohren durch die Natur.
- Lassen Sie die Seele baumeln, dies ist die Ausgangsbasis zum Annähern an Pflanzen.
- Picken Sie sich eine Pflanze (oder einige wenige) raus und beschäftigen Sie sich immer wieder mit ihr. Sie werden überrascht sein, dass Sie nach einiger Zeit, Ihr Wildkraut schon beim Autofahren am Straßenrand entdecken.
- Benutzen Sie Ihr Handy um Fotos zu machen, statt Pflanzen auszurupfen und dann achtlos wegzuwerfen - vielleicht war es die letzte ihrer Art! Schon mal darüber nachgedacht?
- Beschäftigen Sie sich über das Jahr verteilt mit der Pflanze zu allen Jahreszeiten. Auch im Winter, wenn die Pflanze vertrocknet ist und ihr „Winterkleid trägt“.
- Haben Sie einen Lieblings-Spazierweg, einen Fußweg zur Arbeit etc.? Suchen Sie sich dort eine Pflanze aus und beobachten diese über einen längeren Zeitraum. Gehen Sie achtsam „Ihren Pflanzenweg“ einmal im Monat oder öfter und beobachten Sie Veränderungen im Jahreszyklus an der Pflanze. Irgendwann erkennen Sie „Ihr Kraut“, auch wenn es erst ein Zentimeter groß ist und im Sommer dann vielleicht eine Wildblume von ein Meter Höhe ist.
- Pflanzen Sie eine Wildblume, die sie näher erkunden möchten in ihren Balkonkasten oder in einen Blumentopf auf der Fensterbank. So können Sie gut die verschiedenen Vegetationszyklen beobachten.
Lassen Sie sich von keinem sagen, welcher Weg der Richtige ist. Jeder hat seinen eigenen.
Impuls aus eigener Erfahrung
Seien Sie geduldig mit sich
Ich beschäftige mich seit etwa 30 Jahren mit den Wildpflanzen und jedes Jahr gibt es eine Pflanze, die ich nicht kenne. Alles hat seine Zeit!
Das wilde Grün ist die unendliche Geschichte und ich habe den Eindruck, nie ausgelernt zu haben – so vielfältig ist Mutter Natur.
Ich wünsche Ihnen viel Freude und Spaß beim Kennenlernen der Wildpflanzen!!!
Ihre